… oder: Internet-Foren sind doch besser als ihr Ruf!
Ich hätte Prophet werden sollen!
In meinem letzten Beitrag des Jahres 2017 [hier] hatte ich mich ja schon als „Bastler“ geoutet. Und mein letzter Blogbeitrag heißt ja sogar „Mein Leben als Bastler“.
Als hätte es mein Schicksal gelesen (das wäre dann immerhin ein zweiter Leser – Yeah!), sorgte es dafür, dass mein Receiver – die Zentrale unseres Audio-Systems im Wohnzimmer – plötzlich ausfiel. Alle acht Lautsprecher blieben stumm!
Also musste ich beweisen, wie weit es denn nun mit meinen Fähigkeiten im Bereich der Elektronik her ist.
„Wegschmeißen“ vs. „mal schauen, was los ist“
Da mein Receiver – ein YAMAHA RX-V2600 – schon ein betagtes Teil Elektronik ist, dachte ich schon über den Ersatz durch ein aktuelles Gerät nach. Aber dann überlegte ich mir, dass ich das Gerät ja auch mal aufschrauben und nachsehen könnte, ob mir so etwas wie eine durchgebrannte Sicherung oder ein anderes verschmortes Elektronikelement auffällt. Was hätte schon passieren können?
Aber vorher wollte ich noch einmal im Internet nachschauen, ob es zu diesem Gerät Informationen gibt. Vielleicht mit dem Zusatz „defekt“. Ich staunte nicht schlecht, als ich mit der Suchanfrage „YAMAHA RX-V2600 defekt“ folgendes Ergebnis erhielt:
Der erste Eintrag führte mich direkt zu einem Forum (www.hifi-forum.de), in dem dieser Fehler behandelt wurde!
Forum? Ja, Forum!
Nun wird ja oft über Foren gelästert. Ich klicke zum Beispiel keinen Link mehr an, der zu einen Eintrag im Forum „www.gute-frage.de“ führt. Das Niveau in diesem Forum schlägt oft genug allen Verfechtern der sogenannten „Schwarmintelligenz“ die harte Realität ins Gesicht.
Letzten Mai veröffentlichte die Welt (Beitrag von Dennis Sand vom 7. Mai 2017) zu diesem Thema einen lesenswerten Artikel.
Trotzdem folgte ich dem Link in dieses Forum. Und ich musste feststellen, dass ein Fach-Forum sehr wohl dazu geeignet ist, wertvolle Informationen zu bieten – und zwar kostenlos und recht gut strukturiert!
Das Verhalten meines Receivers fand ich in diesem Forum-Beitrag exakt beschrieben. Die potentielle Fehlerursache sollte ein kleines, billiges Bauteil sein (ein Kondensator im Netzteil).
Unfähige Entwickler oder habgierige Kaufleute?
Beim Durchlesen der Beiträge stieß ich auf Foren-Mitglieder, die es nicht verstehen konnten, dass YAMAHA quasi einen Serienfehler riskiert hatte, obwohl durch eine klitzekleine Änderung der Bauteile die Welt viel besser aussehen könnte.
Sie schimpften auf die Ingenieure dieses Herstellers. Andere Forum-Mitglieder nahmen die Entwickler in Schutz und schrieben, dass vielleicht genau diese paar Cents Einsparung von den verantwortlichen Kaufleuten eingefordert wurden. Und dann ist der Ingenieur halt hierarchisch unter dem Kaufmann. Letztlich will YAMAHA Geld verdienen.
Geplante Obsoleszenz
Der einzige Begriff, der in diesem langen Thread nicht auftaucht, ist „Geplante Obsoleszenz“ – also die in der Industrie verbreitete Methode, Produkte durch geeignete Maßnahmen künstlich altern zu lassen. Ich möchte hiermit ausdrücklich NICHT behaupten, dass YAMAHA hier einen effektiven Weg gefunden hat, mit kleinem Aufwand eine ca. 10-jährige Maximallebensdauer einzubauen …
Mich interessierte ja nun auch hauptsächlich, ob ich meinen Receiver denn wieder reparieren könnte!
Ich schaute mir alle zur Verfügung gestellten Informationen an, folgte argumentativ einem versierten Forum-Mitglied, der eine andere Dimensionierung des betreffenden Kondensators empfahl und schraubte meinen Receiver auseinander:
Schnell war der potentielle Ruhestifter (Hi, hi, welch ein Wortwitz!) identifiziert:
An die Lötseite des Bauteils kam ich sogar ohne Ausbau der entsprechenden Platine heran:
Ich nutzte Lötstation und Entlötsaugpumpe zum Ausbauen des Kondensators:
Leider entfernte ich dabei auch aus Versehen ein Lötauge auf der Unterseite der Platine:
Ich besorgte mir für kleines Geld (< € 1,–) einen Ersatzkondensator im Elektronikversand (links Original, rechts Ersatzteil):
Den neuen Kondensator lötete ich ein und achtete auf einen sicheren elektrischen Kontakt – ein Stückchen Litze reichte, um das fehlende Lötauge zu ersetzen:
Voller Erfolg!
Was soll ich schreiben? Ich testete am noch geöffneten Gerät alle Funktionen: alles wie gewünscht! Nach dem Zusammenbau des Receivers verrichtet er nun wieder seinen Dienst!
Resümee
Auf der einen Seite habe ich zwar noch immer einen alten 8.1-Receiver (die großen Frontlautsprecher laufen im „Bi-Amping“-Betrieb).
Auf der anderen Seite habe ich mit einem finanziell lächerlich kleinen Betrag wieder eine funktionstüchtige Audio-Anlage!
Ohne ein wenig Erfahrung im Elektronik-Basteln hätte ich das vielleicht nicht geschafft – aber ohne das Hifi-Forum im Internet hätte ich das mit Sicherheit nicht geschafft!
Also: vielen Dank an www.hifi-forum.de für die Hinweise zur Reparatur – und für die Erkenntnis, dass Foren im Internet eben doch besser sein können als ihr Ruf!